Ablauf eines Sühne-/Einigungsversuchs
Verfahren vor dem Schiedsamt
Antrag
Der Antrag, einen Sühneversuch durchzuführen, kann schriftlich oder mündlich bei der örtlich zuständigen Schiedsperson gestellt werden. Sie benötigen hierfür Vornamen, Namen und die Anschrift der Gegenpartei, mit der Sie Ihren Streit schlichten wollen. Aus Ihrem Antrag soll sich der genaue Anlass des Streites und das von Ihnen angestrebte Ziel der Schlichtung ergeben. Mit Antragstellung wird die Zahlung eines Vorschusses fällig.
Vorwegleistung
Wer einen Antrag auf Sühneversuch einreicht, muss einen Vorschuss zahlen, der die voraussichtlich entstehenden Kosten abdeckt. Dieser beträgt etwa 60 bis 100 Euro. Kann die antragstellende Partei Mittellosigkeit nachweisen, kann die Schiedsperson auf die Gebühren ganz oder teilweise verzichten. So ist sichergestellt, dass auch nicht ausreichend finanzkräftige Antragsteller keine Nachteile erleiden.
Verhandlung
Zur Schlichtungs-/Sühneverhandlung werden alle am Konflikt beteiligten Parteien persönlich geladen. Unentschuldigtes Fernbleiben kann möglicherweise mit einem Ordnungsgeld geahndet werden.Die Verhandlung findet nicht öffentlich statt. Die Schiedsperson ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Verhandlung wird von der Schiedsperson mit dem Ziel geführt, eine gütliche Einigung der Parteien zu erreichen. Dabei ist immer ein gegenseitiges Entgegenkommen notwendig.
Vergleich
Ein abgeschlossener Vergleich, eine beiderseits akzeptierte Vereinbarung beendet den Streit. Die im Vergleich übernommenen Verpflichtungen können - wie aus einem Urteil - dreißig Jahre lang vollstreckt werden. Ein vor der Schiedsperson abgeschlossener Vergleich ist damit ein sogenannter "vollstreckbarer Titel" nach § 794 der Zivilprozessordnung. Beide Seiten tragen mit dem Abschluss eines Vergleichs zur Einigung bei. Weil es bei einem Vergleich keinen Sieger und keinen Besiegten gibt, ist ein Vergleich oftmals befriedender als ein Urteil.
Erfolglosigkeit des Schlichtungs-/Sühneverfahrens
Die Schiedsperson kann kein "Urteil" fällen, sondern nur versuchen, die Parteien friedlich und gütlich zu einigen. Bleibt die Verhandlung oder das Verfahren erfolglos, erhält der Antragsteller hierüber bei Strafsachen eine Erfolglosigkeitsbescheinigung. Bei Zivilsachen gemäß Landesschlichtungsgesetz erhalten beide Parteien eine Erfolglosigkeitsbescheinigung. Erst mit einer solchen Bescheinigung ist der Weg für die Klage vor dem Amtsgericht frei. Sie muss beim Einreichen der Klage dem Gericht vorgelegt werden.
Kosten der Schlichtung
Schlichtungs-/Sühneverfahren sind kostengünstig.Anfallende Kosten sind in § 36 und § 37 der SchiedsamtsordnungRheinland-Pfalz (SchO) abschließend geregelt. Demnach beträgt die Gebühr für ein Verfahren zwischen 15 und 60 Euro.Neben einem Wegegeld, Portoauslagen und sonstigen baren Auslagen entstehen im Prinzip keine weiteren Kosten.Die Kosten des Verfahrens, eines Vergleichs und der Auslagen übersteigen nur selten 60 Euro. Die Parteien können sich diese Kosten im Rahmen eines Vergleichs teilen. Den eigenen Aufwand der Rechtsverfolgung - etwa eine anwaltliche Hilfe oder die Kosten eines Gutachtens - muss allerdings jeder selbst tragen.
Vorteile eines Schlichtungs-/Sühneverfahrens
Haben sich die Parteien bei der Schiedsperson gütlich geeinigt und einen Vergleichabgeschlossen, ist der Streit beigelegt.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Eine Schlichtung ist auf Vergleich und Einigung angelegt, was vor allem inNachbarschaftsstreitigkeiten das weitere Zusammenleben in der Regel verbessert.
- Im Rahmen einer freiwilligen und raschen Konfliktlösung können Antragsteller und Antragsgegner viel Zeit, Geld und Nerven sparen.
- Das Kostenrisiko ist gering.
- Eine erfolglose Schlichtung verbaut nicht den Klageweg.
Zuständigkeiten
Bei der Zuständigkeit der Schiedsämter und Schiedsstellen wird unterschieden zwischen der
- örtlichen Zuständigkeit und der
- sachlichen Zuständigkeit.
Bei der sachlichen Zuständigkeit geht es um
- Zivilrecht, zu dem auch das Nachbarrecht gehört und
- bestimmte strafrechtliche Auseinandersetzungen.
Die Schiedsperson muss dabei prüfen, ob ein Sühneversuch vor einer möglichen Gerichtsverhandlung obligatorisch ist oder freiwillig als aussichtsreicher Einigungsversuch unternommen werden kann.
Örtliche Zuständigkeit
Örtlich zuständig ist immer das Schiedsamt am Wohnsitz oder Geschäftssitz der antragsgegnerischen Partei. Name, Adresse sowie Telefonnummer der zuständigen Schiedsperson erfahren Sie bei der dortigen Gemeinde oder Stadtverwaltung, beim örtlichen Amtsgericht oder bei der Polizei.
Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten
Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten sind Ansprüche, bei denen es um die Zahlung von Geld geht, oder es sich um eine in Geld schätzbare Leistung handelt. Dies sind Streitigkeiten des täglichen Lebens, z.B.: bei Auseinandersetzungen um Geldforderungen, etwa aus Verträgen über den Kauf von Sachen oder mit Handwerkern. Ebenso bei vielen Unstimmigkeiten, die sich aus dem Zusammenleben ergeben können. Streitigkeiten zwischen Mietern oder zwischen Mieter und Vermieter gehören ebenso dazu.
Obligatorische Streitschlichtung
Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung § 15a Landesschlichtungsgesetz (LSchlG)
Die Erhebung einer Klage ist erst zulässig, nachdem versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen,
1. in Streitigkeiten über Ansprüche wegen
a) der in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelten Einwirkungen, sofern es sich nicht um Einwirkungen
von einem gewerblichen Betrieb handelt,
b) Überwuchses nach § 910 BGB ,
c) Hinüberfalls nach § 911 BGB ,
d) eines Grenzbaumes nach § 923 BGB ,
e) der im Landesnachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen
von einem gewerblichen Betrieb handelt,
2. in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzungen der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen
worden sind. Will jemand eine der o.g. Streitigkeiten vor Gericht bringen, ist eine von einer Schiedsperson ausgestellte
Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch mit der Klage einzureichen.
Eine solche Bescheinigung ist durch die Schiedsperson auf Antrag auch auszustellen, wenn binnen einer Frist von drei
Monaten ab Antragseingang und Kostenvorschusszahlung das beantragte Schlichtungsverfahren nicht durchgeführtworden ist.
Sachliche Zuständigkeit im Strafrecht
Bei
- Beleidigung
- Körperverletzung
- Sachbeschädigung
- Hausfriedensbruch
- Bedrohung und
- Verletzung des Briefgeheimnisses sowie bei
- Rauschtaten (§ 323 a StGB) im Zusammenhang mit den vorgenannten Delikten
muss zunächst ein Sühneversuch vor dem Schiedsamt unternommen werden wenn die Bestrafung verfolgt wird. Selbst ein erfolgloserSühneversuch kann somit eine wichtige Voraussetzung für das weitere Vorgehen sein.Erst wenn dieser Versuch erfolglos bleibt und die Erfolglosigkeitsbescheinigung ausgestellt worden ist, kann man bei Privatklagedelikten vor Gericht klagen.
Vollstreckbarer Titel
Wird eine vor der Schiedsperson im Vergleich eingegangene Verpflichtung von einer der Parteien nicht eingehalten, kann die gegnerische Seite hieraus 30 Jahre lang die Zwangsvollstreckung betreiben. Zur Vollstreckung muss die betreffende Partei bei der Schiedsperson einen Antrag auf Erteilung einer Ausfertigung des Vergleiches stellen. Der Inhalt dieser Ausfertigung wird beim zuständigen Amtsgericht dann für vollstreckbar erklärt und mit einer Vollstreckungsklausel versehen. Aus diesem "vollstreckbaren Titel" kann nun u.a. über den Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung betrieben werden.
Gesellschaftlicher Wert
Bei den hohen Schlichtungsquoten der Schiedspersonen hat die nach der Zivilprozessordnung und Landesgesetz vorgeschriebene obligatorische Schlichtung zu einer erheblichen Entlastung der Justiz und ihrer Haushalte geführt. Damit ist die Institution des Schiedsamtseine bedeutende Einrichtung vorgerichtlicher Konfliktlösung und Streitschlichtung. Mehr noch: Sie fördert die gesellschaftliche Streitkultur und trägt dazu bei, in vielen Fällen Rechtsfrieden nachhaltig herzustellen.